Beitrag geprüft durch die Erbmanufaktur

Erbengemeinschaft: Ein Erbe wohnt im Haus

Zuletzt aktualisiert am: 19. Juni 2023

Gehört zum Nachlass eine Immobilie und wohnt ein Erbe im Haus, muss die Erbengemeinschaft über das Schicksal der Immobilie befinden.

Warum wohnt ein Erbe im Haus?

Die Gründe dafür, dass ein Erbe im Haus wohnt, können vielfältiger Natur sein. 

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Ehepartner als Erbe

Oft wird es so sein, dass der überlebende Ehepartner des Erblassers im Haus wohnt und auch wohnen bleiben möchte. Der überlebende Ehepartner erbt neben Kindern des Erblassers im Regelfall die Hälfte des Nachlasses. Hat der Erblasser seine Erbfolge nicht testamentarisch geregelt, haben die Kinder als Miterben das Recht, mit dem Ehepartner und ihrem Elternteil über das Schicksal des Hauses zu befinden. Ob sich die Kinder mit dem Ehepartner dann verständigen, hängt von den familiären Gegebenheiten ab. Hat der Erblasser den Ehepartner testamentarisch zu seinem Alleinerben bestimmt, könnten die Kinder ihr Pflichtteilsrecht geltend machen und dadurch den noch lebenden Elternteil zwingen, das Haus zur Liquiditätsbeschaffung zu verkaufen.<

Übergabevertrag an ein Kind

Grund kann auch sein, dass der Erblasser bereits zu Lebzeiten das Haus an den Erben (meist ein Kind) übergeben hat. Oft ist mit dem Übergabevertrag ein im Grundbuch eingetragenes Wohnrecht zugunsten des Erblassers verbunden. Soweit das Haus im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder per Schenkung auf den Erben übertragen wurde, werden die übrigen Miterben im Regelfall darauf bestehen, dass ihr dadurch geschmälerter Erbanteil irgendwie einen Ausgleich findet. Im besten Fall hat der Erblasser hierfür eine Regelung ein Testament getroffen. Hinterlässt der Erblasser kein Testament, hat der Erbe, der im Haus wohnt, nicht mehr oder weniger Rechte als die übrigen Miterben, die nicht im Haus wohnen.

Praxistipp: Im Idealfall hinterlässt der Erblasser ein Testament. Darin bestimmt er im Wege einer Teilungsanordnung, dass ein bestimmter Erbe, beispielsweise der Erbe, der im Haus wohnt, nach seinem Tod das Haus übernehmen soll. Zum Ausgleich dafür, dass der Erbe im Haus wohnen bleiben darf, sollte der Erblasser zugunsten der übrigen Miterben eine Regelung treffen, wie deren Erbanteile anzupassen sind.

Erbe als Mieter

Sollte es so sein, dass der Erbe aufgrund eines Mietvertrages als Mieter im Haus wohnt, ist es hilfreich, wenn der Erbe mit dem Erblasser einen schriftlichen Mietvertrag abgeschlossen hat. Dann sollte der Erbe nach wie vor Mieter bleiben und das Recht haben, im Haus wohnen zu bleiben. Es lässt sich nicht wirklich damit argumentieren, dass das Mietverhältnis dadurch erlischt, dass der Erbe als Mieter zugleich auch Miterbe in der Erbengemeinschaft ist. 

Denn: Stehen auf beiden Seiten eines Vertragsverhältnisses die gleichen Personen, erlischt das Verhältnis durch „Konfusion“ (Amtsgericht Mönchengladbach, Urteil vom 18.12.2019, Az. 35 C 97/19). Eine Konfusion setzt aber voraus, dass die Parteien auf beiden Seiten identisch sind. Daran fehlt es, wenn der Erbe als Mieter auf der einen Seite steht und auf der anderen Seite nur einer von mehreren Erben ist. Ob diese Konstellation dann Grundlage für eine Konfession darstellt, erscheint fraglich.

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Ob die Miterben diesen Mietvertrag dann ordentlich kündigen können, ist wiederum eine andere Frage. Wenn man unterstellt, dass die Verwaltung eines Mietverhältnisses eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses darstellt, kommt eine Kündigung durch Mehrheitsentscheidung in Betracht, soweit die Miterben dafür ein berechtigtes Interesse darlegen. Ein berechtigtes Interesse könnte darin bestehen, dass die wirtschaftliche Nutzung der Immobilie nicht möglich ist. Wegen Eigenbedarf können die Miterben als Erbengemeinschaft nicht kündigen, dass diese als solche keinen Eigenbedarf geltend machen kann und der im Haus wohnende Miterbe faktisch das Haus wegen Eigenbedarfs bereits nutzt. Ein Kündigungsrecht kommt wiederum in Betracht, wenn die Erbengemeinschaft das Haus verkauft und der Erwerber das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs kündigt. 

Anders ist die Situation, wenn der im Haus wohnende Erbe keinen nachweisbaren schriftlichen Mietvertrag hat. Genau diesen Fall hatte das Amtsgericht Mönchengladbach entschieden. Der beklagte Erbe wohnte ohne nachweisbaren Mietvertrag im Haus. Er zahlte weder Miete noch beteiligte er sich am Unterhalt des Objekts. In diesem Fall haben die Miterben sehr wohl das Recht, die Nutzung des Objekts auf eine vertragliche Grundlage zu stellen und letztlich auch eine Nutzungsentschädigung einzufordern.

Übertragung an einen Erben ist steuerbegünstigt

Aus steuerlicher Sicht ist vorteilhaft, dass für die Übertragung des Wohnhauses auf einen Miterben im Regelfall keine Erbschaftssteuern anfallen. Voraussetzung ist, dass der Miterbe als Ehepartner im Haus wohnt und das Haus 10 Jahre lang für Wohnzwecke nutzt. Bei Kindern gilt die Einschränkung, dass die Wohnfläche 200 m² nicht übersteigen darf. 

Ein vorzeitiger Auszug schadet nur, wenn der Erbe dafür keine objektiv nachvollziehbare Gründe benennen kann. Objektiv nachvollziehbare Gründe wären ein beruflich veranlasster Umzug, nicht aber der Umzug in eine größere oder komfortablere Immobilie.

Sollten Sie die Immobilie aber verkaufen wollen, wäre die Spekulationssteuer zu berücksichtigen. Bezieht weder der Ehepartner noch ein Kind die Immobilie selbst, verlangt das Finanzamt auf den Verkaufserlös Spekulationssteuer, wenn der Erblasser die Immobilie noch keine 10 Jahre lang im Besitz hatte. Die Spekulationssteuer als Teil der Einkommensteuer ist nicht mit der Erbschaftssteuer zu verwechseln.

Jeder Miterbe kann die Auseinandersetzung verlangen

Da die Erbengemeinschaft als Zwangsgemeinschaft nicht dauerhaft Bestand haben soll, kann jeder Miterbe verlangen, dass die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt wird. Auch der Miterbe, der im Haus wohnt, kann die Auseinandersetzung nicht verhindern. Er muss es sich gefallen lassen, dass die Erbengemeinschaft über das Schicksal des Hauses entscheidet.

Die Auseinandersetzung kann allerdings durch eine Anordnung des Erblassers in einem Testament aufgeschoben sein. Der Erblasser kann die Teilung des Nachlasses für einen Zeitraum bis zu 30 Jahren ausschließen. Er kann die Teilung auch auf bestimmte Nachlassgegenstände, beispielsweise das Wohnhaus, beschränken. Die Miterben können sich über die Anordnung des Erblassers nur hinwegsetzen, wenn sie sich alle einig sind und einstimmig beschließen, dass die Auseinandersetzung trotz der entgegenstehenden Anweisung des Erblassers erfolgen soll. Verweigert ein Miterbe seine Zustimmung, bleibt die Anordnung des Erblassers verbindlich.

Wie ist zu verfahren?

Wohnt der Erbe im Haus, ohne dass es dafür eine rechtlich brauchbare Regelung gibt, muss die Erbengemeinschaft entscheiden, wie sie mit dem Haus verfahren möchte. Die Miterben werden namentlich „in Erbengemeinschaft“ im Grundbuch als neue Eigentümer eingetragen. Im einfachsten Fall übernimmt der Erbe, der im Haus wohnt, das Haus in sein alleiniges Eigentum. Zu diesem Zweck muss er die Anteile der übrigen Miterben übernehmen und diese auszahlen. 

Die Höhe des dafür zu entrichtenden Kaufpreises richtet sich danach, was die Erben untereinander als Kaufpreis vereinbaren. Soweit aufgrund der familiären Verbundenheit keine finanziellen Zugeständnisse erfolgen, wird im Regelfall der Verkehrswert der Immobilie Grundlage für den Kaufpreis sein. Der Erbe, der im Haus wohnt, wird möglichst wenig zahlen wollen, während die übrigen Miterben an einem möglichst hohen Kaufpreis interessiert sein dürften.

Um sich auf eine Regelung zur verständigen, können die Erben einen Sachverständigen beauftragen, ein Verkehrsgutachten über das Haus zu erstellen. Das Honorar des Sachverständigen richtet sich danach, was sich als Verkehrswert des Hauses letzten Endes ergibt. Im Regelfall werden Sie mit einem vierstelligen Betrag rechnen müssen. Der Kostenaufwand geht zu Lasten des Nachlasses. Auch als Miterbe können Sie ein solches Sachverständigengutachten in Auftrag nehmen, sollten dann aber möglichst vorab klären, ob Sie das Honorar des Sachverständigen aus eigener Tasche zahlen oder die Erbengemeinschaft sich dafür verantwortlich erklärt.

Verständigen sich die Erben auf einen Kaufpreis, können diese ihren Erbanteil an der Immobilie auf den Erben, der im Haus wohnt, übertragen. Die Übertragung ist notariell zu beurkunden und im Grundbuch einzutragen.

Immobilie als Ultima Ratio teilungsversteigern?

Können Sie sich über das Schicksal der Immobilie nicht verständigen, kann jeder Miterbe die Teilungsversteigerung beantragen. Dann wird das Haus vom örtlich zuständigen Amtsgericht öffentlich versteigert. Hier bietet sich für den Erben, der im Haus wohnt, die Möglichkeit, das Haus zu Konditionen zu erwerben, die günstiger sind als die Konditionen, die er bei der einvernehmlichen Übernahme des Hauses mit der Erbengemeinschaft hätte vereinbaren können. Ob dies wirklich gelingt, ist ungewiss, da der Miterbe damit rechnen muss, dass ihn andere Interessenten im Versteigerungstermin überbieten. Wird das Haus dann versteigert, kann der Erwerber, der aufgrund seines Höchstgebots Eigentümer geworden ist, den im Haus wohnenden Erben auffordern, das Haus umgehend zu räumen. Soweit ein Mietverhältnis mit dem Erben besteht, kann der Erwerber das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs kündigen.


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Das Risiko bei Teilungsversteigerungen besteht letztlich immer darin, dass das Haus zu einem Betrag zugeschlagen wird, der unter dem echten Verkehrswert des Hauses liegt. Da Sie das Risiko einer Teilungsversteigerung erfahrungsgemäß kaum kalkulieren können, empfiehlt sich für Erbengemeinschaften immer, sich auf eine einvernehmliche Regelung zu verständigen. Nicht zuletzt der mit der Versteigerung verbundene Kostenaufwand und die zeitlichen Verzögerungen bei der Abwicklung eines solchen Verfahrens sollten hinreichend Anlass sein, auf eine einvernehmliche Regelung hinzuarbeiten.

Vermittlung durch einen Notar

Ist die Verständigung in der Erbengemeinschaft schwierig, kann ein Notar vermitteln. Jeder Miterbe kann die Vermittlung des Notars beantragen. Der Notar lädt alle Miterben zu einem Verhandlungstermin und versucht, Vorschläge zur Auseinandersetzung zu machen. Da Notare aber keine Interessenvertreter sind und sich neutral verhalten müssen und auch keinen verbindlichen Regelungsvorschlag machen können, sollten Sie mit der Vermittlung durch einen Notar keine allzu großen Erwartungen verbinden.

Ausblick

In Erbengemeinschaften treffen oft gegensätzliche Interessen aufeinander. Dennoch sitzen alle Erben in einem Boot. Es gilt das gemeinsame Interesse, schnelle und konfliktfreie Lösungen zu verhandeln. Dass damit ein gegenseitiges Geben und Nehmen verbunden ist, ist unausweichlich. Wer dabei nur eigenwillig denkt, blockiert die Auseinandersetzung und blockiert sich damit meist selbst.

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Veröffentlicht durch: Claus M. Büttner

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