Der Erbschein ist das amtliche Zeugnis des Nachlassgerichts, dass Sie Erbe des Erblassers sind. Sie benötigen einen Erbschein vornehmlich dann, wenn zum Nachlass eine Immobilie gehört und Sie die Eigentumsumschreibung im Grundbuch veranlassen möchten. Soweit Sie jedoch in einem notariellen beurkundeten Testament oder Erbvertrag zum Erben bestimmt sind, genügt statt des Erbscheins auch die notarielle Verfügung von Todes wegen sowie die Niederschrift des Nachlassgerichts über der Eröffnung dieser Verfügung. Ein privatschriftliches Testament genügt hierfür nicht.
Beantragen Sie beim Nachlassgericht einen Erbschein, bestimmen sich die Gebühren nach dem Wert des Nachlasses nach Abzug der Verbindlichkeiten (Geschäftswert nach § 3 GNotKG). Stichtag ist der Zeitpunkt des Erbfalls. Das Nachlassgericht schickt Ihnen dazu einen umfangreichen Fragebogen, in dem Sie Angaben machen müssen, welche Vermögenswerte der Nachlass enthält und welche Verbindlichkeiten bestehen. Ihre Angaben müssen Sie eidesstattlich versichern. Dafür berechnet das Nachlassgericht eine Gebühr. Eine weitere Gebühr fällt dafür an, dass der Erbschein erteilt wird.
Der Nachlasswert beträgt 100.000 €. Für die eidesstattliche Versicherung und die Ausstellung des Erbscheins berechnet das Nachlassgericht zwei Gebühren. Für Ihren Erbschein müssten Sie also 546 € bezahlen.
Sie können den Erbschein aber auch bei einem Notar beantragen und vor dem Notar die eidesstattliche Versicherung abgeben. Die Gebühren sind die gleichen wie beim Nachlassgericht. Allerdings berechnet der Notar auf seine Rechnung zusätzlich 19 % Umsatzsteuer. Trotz dieses Kostenfaktors kann es sinnvoll sein, die etwas höhere Gebühr des Notars in Kauf zu nehmen, wenn Sie beim Notar schneller und leichter einen Termin erhalten als beim Nachlassgericht.
Immobilien sind im Fragebogen des Nachlassgerichts mit dem Verkehrswert anzugeben. Sie sind gesetzlich verpflichtet, bei der Wertermittlung mitzuwirken und vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Kommen Sie Ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach, kann das Nachlassgericht den Verkehrswert der Immobilie nach billigem Ermessen bestimmen (§ 95 GNotKG).
Solange Sie nachvollziehbare und realistische Angaben machen, wird das Nachlassgericht Ihre Angaben meist akzeptieren. Es kann sich empfehlen, wertbildende oder wertmindernde Faktoren darzustellen. Sie können auf die ortsüblichen Quadratmeterpreise (Bodenrichtwerte) verweisen, die sich beim Gutachterausschuss der Gemeinde in Erfahrung bringen lassen. Auch die in der Feuerversicherung benannten Brandversicherungswerte geben Hinweise. Ist die Immobilie vermietet, ist der Ertragswert ein aussagefähiger Faktor.
Im Übrigen bemisst sich der Wert eines Grundstücks nach dem „Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (§ 46 GNotKG). Dabei sind auch und insbesondere die im Grundbuch eingetragenen Belastungen (Grundschuld, Wohnrecht, Wegerecht u.ä.) zu berücksichtigen.
Sind Sie Mitglied einer Erbengemeinschaft, kann ein Teilerbschein hilfreich sein, wenn sich die Auseinandersetzung des Nachlasses verzögert. Berücksichtigen Sie aber, dass Sie auch mit einem Teilerbschein nur im gegenseitigen Einvernehmen aller Erben handeln können. Sie können keinesfalls über den gesamten Nachlass verfügen.
Sie sind aber berechtigt, zumindest über Ihren eigenen Erbteil zu verfügen. Sie können mit einem Teilerbschein etwa die Auszahlung von einem Konto des Erblassers veranlassen, sofern die Summe Ihren Erbteil nicht übersteigt. Darüber hinaus könnten Sie mit dem Erbschein einen Nachlassverwalter beauftragen oder die Nachlassinsolvenz beantragen, wenn Sie befürchten, dass das Erbe überschuldet ist. Oder möchten Sie Ihren Erbanteil verkaufen, weisen Sie dem Erwerber nach, dass Sie erbberechtigt sind.
Beim Teilerbschein ermittelt das Nachlassgericht die Gebühren gleichfalls nach dem Nachlasswert. Da Sie aber nur Miterbe sind, beziffert sich die Gebühr für den Teilerbschein nach der Höhe Ihres Erbanteils. Geben Sie im Erbschein-Kostenrechner also Ihre Erbquote an.
Informieren Sie sich frühzeitig, ob Sie für die Abwicklung des Nachlasses einen Erbschein benötigen. Im Hinblick darauf, dass das Nachlassgericht Zeit für die Sachbearbeitung benötigt und Gebühren anfallen, empfiehlt der Erbschein nur, wenn er tatsächlich für die Abwicklung notwendig ist.